Haushalt 2023 – Kinder sind nicht profitabel

Lengdorf, Februar 2023 – Gemeinderatssitzung 16.02.2023

am 16.02.2023 wurde der Konsolidierungshaushalt (Erinnerung: die Gemeinde macht Minus und ist HH-technisch überschuldet) dem Gemeinderat vorgestellt. Um die Gemeinde finanziell zu sanieren, wird an allen erreichbaren Schrauben nach oben gedreht.
Soweit ist das noch nachvollziehbar, aber die Art der Auseinandersetzung mit den Kinderbetreuungskosten ist leider nur noch beschämend. Schon in den Bürgerversammlungen hat mich immer die Darstellung der Kinderbetreuung als Einnahmen/Ausgabenvergleich gestört, denn so betrachte ich nur in einem Wirtschaftsbetrieb ein Profitcenter. Schwer erträglich auch der Kommentar aus den Reihen der CSU: „man will nicht noch mehr je Kind draufzahlen„.

Die Erkenntnis bei Gemeinde und Rat: unsere Kinder sind ein Verlustgeschäft!
Das hätten die Eltern ihnen auch ohne Haushaltsplan sagen können, ohne Kinder wären sie vermutlich doppelt so vermögend.

So erlaubt der 100€ Beitragszuschuss des Landes (Kindergarten, 2019) die stark vereinfachte Betrachtung, dass Eltern für nur 4,40€ ihre Kinder halbtags abliefern und damit freie Zeit gewinnen könnten. Aber nur um zu arbeiten bitte, weil man ja auch auf die Lohnsteueranteile angewiesen ist. Wehe man trifft dann eine Mutter vormittags im Café an. Also sei eine Erhöhung den Eltern doch „absolut zumutbar“.
Eine solch undifferenzierte Darstellung halte ich für polemisch und eine unwürdige Neiddiskussion, die der Sache nicht gerecht wird. Es soll der Eindruck erweckt werden, dass sich Eltern billigst (gesagt wurde: „für nur 60 Cent die Stunde“) Leistungen erkaufen könnten, welche die Gemeinde teuer zu stehen kämen.

Diese simple Darstellung dürfte schlicht falsch sein, da sie viel zu viele relevante, gesellschaftliche Faktoren ignoriert, vielleicht nur, weil sie eben nicht als Zahl selbst im Haushalt stehen.
So haben Eltern finanziell für ihre Kinder sowieso schon erhebliche Leistungen zu erbringen. Die Liste mit Anlässen ist zu lang für eine Darstellung. So „kostet“ ein Kind Eltern bis zur Volljährigkeit im Mittel knapp 300.000€.
Man kann sich nicht über Mangel an (günstigen?) Handwerkern, Lehrern, Pflegepersonal usw. beschweren, gleichzeitig aber genau die Aufgabe diesen Nachwuchs aufziehen weiter mit steigenden Abgaben abstrafen, statt zu fördern. Das ist für mich völlig widersinnig.

Es geht auch nicht um ein Abladen und Bespaßen, sondern um Sozialisierung, Integration, Schulvorbereitung und um Lebenswert. Kinder ohne diese Erfahrung haben in der Folge oft mit Problemen zu kämpfen – und die Gesellschaft drumrum dann auch.

Rentenlücke, Mangel an Pflegepersonal, Wirtschaftswachstum – unsere Altersversorgung – wer soll’s richten? Die Kinder bitteschön, bis dahin aber offenbar möglichst kostenneutral für die „Gesellschaft“ und Gemeindebürger.
Ja für welche Bürger nun eigentlich, denn die Eltern leisten ja schon einen erheblichen Finanzbeitrag?

In der Sitzung wurde der berechtigte Einwurf „Kinderbetreuung könnte ja auch kostenlos für die Eltern sein“, als Wunschdenken verlacht. Vielleicht aber wäre das ja mal eine Errungenschaft, die wir vom Osten lernen können.
Und „kostenlos für die Eltern“ stimmt eh nicht, da die Eltern indirekt, wie alle Gemeindebürger, ja genauso indirekt nochmal dafür mitzahlen!
Elternbeiträge sind also in Summe sogar eine unverhältnismäßige Benachteiligung zugunsten derer, die nicht (mehr) für Kinderbetreuung aufkommen müssen.

Fakt:

  • aktuell sollen die Gebühren für Kita, Kindergarten und Mittagsbetreuung um 10%-30% steigen
  • der letzte Rest Sozialgefüge wird abgeschafft: der Geschwisterrabatt entfällt

Fazit:
Auch wenn die Gemeinde in extremer Finanznot steckt, ist meiner Ansicht nach eine Erhöhung (egal ob „zumutbar“) ohne eine soziale Abwägung (Geschwisterrabatt über alle Einrichtung, Integrationsf(ö/o)rderung) ein absolut fatales Signal und sozial denkend eigentlich nicht zustimmungsfähig.
Wir sollten endlich unsere Erkenntnisse zum Thema Nachwuchsmangel auch wirklich ernst nehmen und damit in diesem Jahrhundert ankommen.

Autor: Jens Gloede

Anmerkung: Die mit Namen gekennzeichneten Beiträge geben nicht unbedingt die Ansicht der Wählergruppe wieder, sondern sind zunächst die persönliche Meinung des Autors.